Konrad Fischer, Rolf Köneke, Frank Lipfert, Claus Meier, Henryk
Parsiegla:
Dämmstoff im Vergleich
Die neue Energieeinsparverordnung EnEV ist ab Februar 02 in Kraft getreten. Die
"Initiative kostengünstig qualitätsbewußt Bauen" des BMBau fordert nun unser
aller Unterstützung. Damit kommt es künftig noch mehr darauf an, die richtigen baulichen
Maßnahmen zur effektiven Einsparung von Energie zu wählen. Hierfür taugliche Baustoffe
einzusetzen, ist die zentrale Frage für Architekten und Ingenieure, für Verarbeiter und
Hausbesitzer. Sie tragen für die von ihnen geplanten und durchgeführten Maßnahmen die
Hauptverantwortung, Fehler lösen Regreßansprüche aus. Welche Dämmstoffe können den
Energieverbrauch und den Verlust von Heizenergie an die Umwelt am besten verringern?
Der Wärmeeintrag am Bauwerk in Dach und Wand erfolgt überwiegend durch Strahlung. Die
Qualität verschiedener Dämmstoffe wurde anhand ihrer Temperaturveränderungen bei
Wärmebestrahlung von der Autorengruppe experimentell ermittelt.
Der Versuchsablauf:
Ein Wärmestrahler (150 W Infrarotlampe) mit gleich bleibender Entfernung und konstanter
Strahlungsdauer von 10 Minuten bewirkt für unterschiedliche Baustoffplatten in 4 cm Tiefe
(Unterseite Platte) unterschiedliche Temperaturerhöhungen. Die geringfügig abweichenden
Ausgangstemperaturen entstanden aus der meßbedingt leicht ansteigenden
Umgebungstemperatur. Der sich nach 10 Minuten Bestrahlung ergebende Temperaturunterschied
lässt Rückschlüsse auf die Thermostabilität und Dämmwirkung der Baustoffe zu.
Das Ergebnis:
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Wärmedurchgangs-
koeffizient
k- bzw.
U-Wert in W/m2K |
Anfangstemperatur |
Endtemperatur |
Mineralwolle |
0,85 |
21,4°C |
59,8°C |
Polystyrol |
0,85 |
21,4°C |
35,4°C |
Holzfaserplatte |
0,85 |
21,4°C |
22,2°C |
Fichte |
2,09 |
20,6°C |
20,6°C |
Vollziegel |
4,74 |
20,9°C |
23,4°C |

Diagramm: Anfangs- und Endtemperatur der Baustoffrückseite nach 10 Minuten Bestrahlung.
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Der Versuchsaufbau (vorn)
und die Autoren:
(stehend v. l.)
cand. Ing. Henryk Parsiegla,
Bausachverständiger Rolf Köneke,
Dipl.-Ing. Konrad Fischer,
Frank Lipfert,
sitzend: Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier.
Versuchs- und Meßeinrichtung:
Fa. Lipfert Naturbaustoffe, Lichtenfels. |
Analyse:
Die beste Wirkung gegen Temperaturveränderungen und Wärmeabfluss zeigen Holz und
Ziegel, trotz ihrer "schlechten" U-Werte (vormals k-Werte). Polystyrol und
Mineralwolle liefern mit "gutem" U-Wert gegenteilige Ergebnisse. Auch deren
maximale Oberflächentemperaturen auf der bestrahlten Seite sind mit über 70 (Polystyrol)
und 180°C (Mineralwolle) erstaunlich hoch. So entsteht im Sommer - Sonnenstrahlung von
außen - Barackenklima, die dann notwendige Kühlung verbraucht Energie. Im Winterfall -
Heizung von innen - setzen die Leichtbaustoffe dem Wärmeabfluss wenig entgegen. Auch das
spart nicht, sondern vergeudet unnütz Energie. Darüber hinaus stoppt die flach
einfallende Solarstrahlung infolge der von außen eingespeicherten Energie und der damit
verbundenen Temperaturerhöhung auf der Außenoberfläche den Wärmestrom von innen. Das
spart Energie, gerade im Winter. Die Strahlungsintensität der Sonne liegt dann je nach
Himmelsrichtung etwa zwischen 10 und 45% der Maximalwerte im Juli. Die im Sommer wegen der
Temperaturstabilität der Innenräume notwendigen Materialeigenschaften sparen also auch
im Winter wegen der absorbierten Solarenergie und der damit verbundenen Reduzierung der
Wärmeverlustströme Energie.
Die Praxis am Bau belegt das: Hohe Temperaturamplitudendämpfung und Phasenverschiebung
beim "Durchschlagen" einseitiger Temperaturänderungen auf die andere Seite sind
als Vorteile der Massivbaukonstruktion seit jeher Stand der Technik. Auch Bosserts und
Fehrenbergs langjährig erhobene Messergebnisse des Heizenergieverbrauchs am Altbau
beweisen die Wirkungslosigkeit von Leichtbaustoffen und die von der U-Wert-Berechnung
stark abweichenden günstigen Energieverbrauchswerte von Massivbauten. Hinzu kommen die
Oberflächenschäden auf Leichtbaustoffen infolge ihrer hohen Temperaturbeanspruchung und
schnellen Auskühlung.
Fazit:
Das leicht nachprüfbare Lichtenfelser Experiment bestätigt die altbekannten Vorteile
natürlicher Baustoffe wie Holz und Ziegel. Sie sind auch im EnEV-Zeitalter noch erste
Wahl. Ihre Beklebung oder Ausfachung mit Schäumen und Gespinsten bringt kaum energetische
Vorteile, jedoch Bau- und Feuchteschäden. Der U-Wert erweist sich im Bereich
Energiesparen als Fiktion. Er gilt normgemäß sowieso nur im Labor, ohne Sonne und
Speicherfähigkeit der Baustoffe. Die "EnEV-Anforderungen" widersprechen dem
Wirtschaftlichkeitsgebot in nicht hinnehmbarer Weise. Planer und Handwerk dürfen ihren
Auftraggeber nicht zu wirtschaftlich und technisch nachteiligen Konstruktionen raten. Dies
gilt sowohl für die Nachrüstung am Altbau wie auch für Neubauten. DIN 4108 und EnEV
müssen reformiert werden, wenn tatsächlich Energie eingespart werden soll.
:: Das Lichtenfelser Experiment - Die Auswertung in Langfassung in HTML
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